Mit einer einzigartigen „Saubermann“-Aktion hat Brasilien den Kampf gegen den Sextourismus auch auf internationalem Terrain aufgenommen. Ziel der Kampagne ist dabei das weltweite Internet. Nach Exklusivinformationen von agência latina press werden seit Monaten hunderte Betreiber von Internetseiten abgemahnt, die nach Meinung der Verantwortlichen aufgrund der Namensgebung oder durch die sexuellen Inhalte der Seiten die „brasilianische Identität“ beschädigen sollen. Auch der Wunsch der Regierung, Brasilien als beliebte Urlaubsdestination zu stärken, werde durch die Pornografie mit Brasilienbezug behindert.
Vermutlich seit Anfang 2011 werden diese Betreiber daher per E-Mail aufgefordert, den „Zusammenhang zwischen diesen Inhalten und der brasilianischen Identität“ unverzüglich zu entfernen. Als Beispiele für eine mögliche Assoziation zwischen Brasilien und den Sex-Tourismus propagierenden Inhalten werden dabei die Verwendung der Farben der Landesflagge, Bilder mit kulturellen Hintergrund oder Fotos von brasilianischen Städten auf den beanstandeten Seiten genannt.
In der E-Mail werden die Betreiber der Domains zunächst „mit diesem ersten Schreiben freundlich gebeten“, entsprechende „Materialien“ von der Seite zu nehmen. Im gleichen Atemzug wird in dem Schreiben, welches agência latina press vorliegt, allerdings auch auf die brasilianische Gesetzgebung hingewiesen. Hier wird pauschal die Strafbarkeit der Prostitution oder sexueller Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen zitiert.
Das in Englisch gehaltene Schreiben endet mit dem Hinweis auf eine entsprechende „Überwachung“ der Aufforderung in den kommenden sieben Tagen. Selbstverständlich stünde man für weitere Informationen zur Verfügung. Den Abschluss bildet ein „mit freundlichen Grüßen, Tourismusministerium“ ohne weitere Telefonnummern oder Adresse.
Lediglich über den Absender „juridica@axur.com“ ist daher eine Kontaktaufnahme möglich, wobei sich das in Brasília ansässige Unternehmen mehr als wortkarg gibt. Der Internet-Dienstleister Axur, der sich nach eigenen Angaben mit der Verhinderung von Betrug, dem Markenschutz und Urheberrechtsverstößen im Internet beschäftigt, bestätigte zwar die Kampagne, verwies jedoch für weitere Informationen an das Tourismusministerium. Axur dürfe aufgrund des mit der Regierung abgeschlossenen Vertrages aus rechtlichen Gründen keine Informationen herausgeben, so Firmenchef Fábio Furtado Ramos auf telefonische Anfrage.
Beim faktisch um die Ecke gelegenen Ministerium für Tourismus war man in Hinblick auf die Kampagne jedoch zunächst mehr als überrascht. Diesbezüglich lägen keine Informationen vor, so die Presseabteilung in einer ersten Reaktion am Telefon. Dies müsse von der dem Ministerium angegliederten Tourismusbehörde Embratur ausgehen, man möge bitte dort nachfragen.
Doch auch dort waren keine weiteren Informationen zu erhalten. Die ebenfalls in der Hauptstadt Brasília ansässige Behörde leitete eine E-Mail-Anfrage am Ende sogar an die deutsche PR-Agentur Ogilvy Public Relations GmbH mit Sitz in Düsseldorf weiter. Diese schickten sie postwendend über den Atlantik zurück und bestätigten ebenfalls am Telefon, nicht über die E-Mail-Kampagne im Kampf gegen den Sex-Tourismus informiert worden zu sein.
Nach einer weiteren Nachfrage bei Axur sollten nun ausschließlich die Rechtsabteilung sowie die Bereiche Technologie und Marketing im Tourismusministerium in die mittlerweile mehr als undurchsichtige Aktion involviert sein. Dorthin habe man die Anfrage auch inzwischen weitergeleitet. Die Presseabteilung des Ministeriums hingegen hatte zwischenzeitlich in einer ersten schriftlichen Stellungnahme betont, dass eine gemeinsame Aktion mit Axur nicht existiere.
In Bezug auf diese Aussage konfrontierte agência latina press das Ministerium mit der entsprechenden an einen Domaininhaber gerichteten E-Mail, was in der Presseabteilung für deutliche Nervosität sorgte. Der bisherige Ansprechpartner war plötzlich nicht mehr zu erreichen und bat sich durch andere Mitarbeiter „Zeit für interne Recherchen“ aus. Mehrfache telefonische als auch schriftliche Nachfragen blieben zunächst erfolglos. Dabei ging es zuletzt um die Frage, wie das brasilianische Tourismusministerium auf die Tatsache reagiere, dass nach den vorliegenden Informationen eine nicht autorisierte Firma Emails im Namen der Behörde versende.
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