Das Haupthaus ist verrammelt und leer, die Möbel scheinen ausgeräumt, das Haus steht in Renovation. Nach dem Erdbeben wurden 150 Waisenkinder gesammelt und hier einquartiert. Als die Hilfsorganisationen abzogen und die Lebensmittelpakete ausblieben, diente es als Gästehaus, auch Besucher und Leser von mir aus Deutschland waren schon hier. Waisen gibt es keine mehr, sie wurden wohl alle adoptiert und zum Glück gibt es keine neuen. Aber zahllose Kinder sind noch auf der Strasse, wischen Autoscheiben, suchen kleine Gelegenheitsjobs oder stehlen sich durchs „Leben“. Die Behörden sorgen für sich, für eigene „angemessene“ Löhne und für klimatisierte Autos mit schwarzen Scheiben, sie sagen dem „Wirtschaft“.
Als Geschäft würde sich das Haus wegen der etwas schwierigen Auffindbarkeit nicht gut eignen, jedoch als Standort unserer neuen Idee, zumal alles mit Wasser und Strom gut ausgestattet ist. Die kulinarische und sanitarische Versorgung ist jedoch nur mit anfänglicher Hilfe von „Grossen“ erschwinglich, das Fernziel wäre weitgehende Selbstversorgung. Ein Modell für das ganze Land.
Aus Maela, Waise ohne Zukunft zitiere ich „Nach Kindernothilfe.de/ schuften 300.000 Kindersklaven in Hotels und Haushalten. Rechtlos, abhängig, ausgeliefert müssen sie putzen, waschen, Wasser holen, Kinder hüten. Geld bekommen sie nie, dafür Prügel bei jeder Kleinigkeit. Sie werden nie eine Schule besuchen können. Niemand wird ihnen jemals sagen, dass es so etwas wie Kinderrechte gibt auf dieser Welt. Zehn Prozent der 5- bis 17-Jährigen sind Kindersklaven.“
„Selten gibt es Kinder, denen die Flucht gelingt. Sie kommen nachts zur Kirche, um dort auf Treppen zu schlafen. Manchmal erbarmt sich ein Pfarrer und öffnet den Kindern nachts die Kirche, sonst sind sie Freiwild. Die Schutz- und Waisenhäuser sind überfüllt, sie tropfen nur auf einen heissen Stein. Laut der Internationalen Arbeitsorganisation sind weltweit 10 % der Beschäftigten im Tourismus Kinder. Davon werden laut UNICEF eine Million sexuell ausgebeutet.“
Die Nebengebäude sind desolat, eines der drei Häuser ist unverkäuflich, weil die Betreiberin des früheren Waisenhauses und späteren Hotels noch hier wohnen will. Einst hatte die Liegenschaft bis zu 150 Kinder beherbergt und 50 Personaleinheiten für den Betrieb benötigt. Die Ernährungs- und Gesundheitskosten für diese Menschenmenge waren enorm und würden mit der gegenwärtigen Teuerung keineswegs erträglicher.
Für ABC-Schützen bleiben noch genug Räume übrig, und hierzulande ergeben sich auch im Freien attraktive Möglichkeiten. Schweizer Schulen haben der ESMONO schon Mobiliar und französische Bücher angeboten, die wären auch in der Nouvelle Espoir hochwillkommen. Wie dort so würde auch hier ein Bibliotheksbetrieb eingerichtet, und das Lesen würde geführt. Eine Lehrerin wäre zum Helfen stets dabei. Wenn nicht genügend Bücher gespendet werden, oder um die Themen anzureichern, könnten die Bibliotheken ESMONO und NOUVELLE ESPOIR etwa alle drei Monate ausgetauscht werden. Auch eine Flimmerkiste würde sich wohl finden lassen, denn beim Fernseh schauen ist eine Begleitung doppelt wichtig. Gewalt- und Gruselfilme wären damit ausgeschlossen.
Die meisten Haïtianer können nicht schwimmen. Das erklärt einen Teil der häufigen Katastrophen, wobei immer wieder hunderte von Menschen ertrinken, weil sie vielleicht aus Neugier eine Fähre zu einseitig belastet hatten und zum Kentern brachten. Das vorhandene Bassin wäre immerhin gross genug, den Zöglingen die lebensrettenden Grundzüge des Schwimmens beizubringen.
Lebensrettung und -erhaltung müsste überhaupt ein zentrales Thema in unserer Lerngruppe sein, sterben im katastrophengegeisselten Land doch alljährlich Unzählige die bei richtigem Verhalten weiterleben könnten. Auch in der ESMONO machen wir bereits Übungen zum Verhalten in verschiedenen Katastrophenfällen. Zivilschutz müsste direkt ein „Schulfach“ werden …
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