Mexiko: Der große Fehler des Peña Nieto

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Reise zum Wirtschaftsgipfel in Peking wurde als "Präsidentschaftsgleichgültigkeit" gegenüber des brutalen Verbrechens interpretiert (Foto: Archiv)
Datum: 15. November 2014
Uhrzeit: 10:39 Uhr
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Seit mehr als als einen Monat ist im mexikanischen Iguala (Bundesstaat Guerrero) eine Gruppe von 43 Studenten verschwunden. Angehörige des Drogenkartells “Guerreros Unidos” wurden verhaftet und gaben bekannt, dass die lokale Polizei die jungen Menschen festgenommen und ihnen übergeben hätte. Sie wollen die Jugendlichen getötet und ihre Leichen verbrannt haben. Angehörige und Freunde der Vermissten forderten die Polizei und die Politik auf, den Fall endlich aufzuklären und die Täter zu bestrafen. Unmut hat vor allem das Verhalten von Präsident Peña Nieto ausgelöst. Mit seiner Reise zum APEC-Gipfel in China hat er den vielleicht größten Fehler seit seinem Amtsantritt am 1. Dezember 2012 begangen und das Land in eine politische Krise mit unvorhersehbaren Folgen gestürzt.

Business as usual, lautete die Taktik des aus einer einflussreichen Politikerfamilie stammenden Nieto. Sein Verhalten löste allerdings einen gegenteiligen Effekt aus und war wie Öl ins Feuer gießen. Peña hatte gedacht, dass mit den Verhaftungen von Bürgermeister José Luis Abarca, dessen Ehefrau María de los Ángeles Pineda und drei Mitgliedern des Kartells die Bundesregierung ihre Pflicht erfüllt habe. Er hat die Situation als Polizeiangelegenheit abgetan und den Ernst der Lage nicht erkannt.

Seine Reise zum Wirtschaftsgipfel in Peking wurde als „Präsidentschaftsgleichgültigkeit“ gegenüber des brutalen Verbrechens interpretiert und als „Beleidigung
gegenüber des Schmerzes der Familien der Vermissten“ bezeichnet. Sein China-Besuch zu diesem Zeitpunkt war ein Affront gegenüber den Millionen von Mexikanern, die Wahrheit und Gerechtigkeit fordern.

Nieto verstand offensichtlich nicht, dass die Morde von Iguala symptomatisch für die mexikanische Volkskrankheit sind: Misstrauen gegenüber Institutionen und der Regierung. In einem Land, in dem mehr als 20.000 Menschen zum Teil seit Jahren „verschwunden“ sind, wo sich ein Bürgermeister, die Polizei und die organisierte Kriminalität scheinbar verschworen haben ist es sehr schwierig, einer Regierung, egal aus welchem politischen Lager, zu vertrauen.

Das Problem in Mexiko ist nicht die Gewalt, weil Gewalt niemanden mehr überraschen kann. Der Krieg gegen die Drogen wurde im Jahr 2006 vom ehemaligen Präsidenten Felipe Calderón gestartet und hinterließ in sechs Jahren 60.000 Tote. Die 43 Vermissten sorgten für nationale und internationale Furore, weil sich der Fall wesentlich von anderen unterscheidet: Sie wurden offensichtlich von der Polizei festgenommen und ihren Mördern übergeben.

Die jetzigen Herausforderungen für Peña Nieto sind wahrscheinlich größer als die Strukturreformen des Wirtschaftsraums, mit denen er sich in den ersten zwei Jahre seiner Regentschaft hauptsächlich beschäftigte. Die Herausforderung besteht darin, das mexikanische Justizsystem zu transformieren und den Glauben an die Rechtsstaatlichkeit wieder herzustellen. Wenn dies fehlschlägt, bleiben alle seine erfolgreichen Wirtschaftsreformen auf halbem Weg blockiert.

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