Haiti – Dominikanische Republik: Schätze im Schutt► Seite 2

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Datum: 08. Mai 2011
Uhrzeit: 18:17 Uhr
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Autor: Otto Hegnauer
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Ich war einst auch Strahler, Mineralien- und Fossiliensammler, und kistenweise hatte ich diese Schätze nach Haiti transportiert. Ich wollte sogar einmal ein Museum gründen, aber es würde sich niemand dafür interessieren, und so ließ ich es vorderhand bleiben. Schon die Bauarbeiter hatten hie und da einen besonders schönen und grün oder violett schillernden Fluorit oder anderen Leuchtkristall aus der Dürrschrennen- oder einer anderen Zauberhöhle vermauert, irgendwo an ganz unpassender Stelle. Und im Glauben, sie könnten mir so eine besondere Freude machen.

Mehr zur eigenen Erinnerung schreibe ich jetzt, 16 Monate nach der Katastrophe, einiges auf, was unter den Trümmern liegt und was mir lieb war. Nicht etwa, um mich mit meiner einstigen Habe zu brüsten oder Schatzsucher lüstern zu machen. Ich tu das jetzt, weil die Zeit den Schmerz etwas stillt, aber mit der Zeit immer mehr vergessen geht. Ich schreibe das gleich in Kolumnenform, weil einstige Besucher vieles kennen und im Stillen danach fragen, auch wenn das traurig macht.

Menschenleben waren zwar in den Nachbarhäusern, aber bei mir nicht zu beklagen. Mein schrecklichster Verlust war der meiner Freundin, der deutschen Schäferhündin Ata. Die jede Nacht ein paarmal aufs Türmchen gestiegen war, um zu kontrollieren, ob ich ok sei. Und der seltenen Tiere, die alle verschwunden und verschollen waren.

Unersetzbar waren die Werke und ihre Träger, die verschlammten und versteinerten, die Drehbücher, die Arbeiten an Uni und Migros, die Manuskripte die ich selber noch von Hand geschrieben hatte, über Marokko, über die Expeditionen im Hölloch oder in den Pyrenäen, aus der Zeit, als es noch keine Computer gab. Dann folgten solche auf Datenträgern, Stickern, DVDs, CDs und die Welten, die auf dem großen Computer gespeichert waren. Die technischen Werkzeuge, die für spätere Auflagen nötig waren, wie Lichttonnegative für Filme oder Master-CDs für elektronische Medien. Dann die Filme selbst, die Fotos auf Papier und unter Glas – auch die meiner verstorbenen Eltern -, hunderte von Gemälden, teils Originalen und Kunstfotos, teils eigenen Arbeiten aus der Zeit der Kunstgewerbeschule. Holzskulpturen vor allem aus Afrika, eine riesige Briefmarken- und eine Münzensammlung, und viele noch unveröffentlichte Arbeiten aus meiner Studienzeit. Die ich aufs Alter verschoben hatte. …

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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